Am 2. Juni legte in Berlin das "Citizenship", ein umgedrehtes Dach einer Lagerhalle ab, dass über Spree, Havel, Mittellandkanal und Weser nach Kassel unterwegs ist. Wir haben das Schiff einen Tag lang auf seiner Reise begleitet und mit den Initiatoren des "Zentrums für Kunst und Urbanistik" gesprochen und natürlich nach ihrer Meinung zum Documenta-Streit gefragt.
Viele Wege führen dieser Tage nach Kassel. Für den vielleicht ungewöhnlichsten entschieden sich die Berliner Documenta–Teilnehmer vom Zentrum für Kunst und Urbanistik. Sie drehten ein ausrangiertes Holzdach um 180 Grad und bauten daraus ein Boot.
18. Juni - 25. September in Kassel
Ruangrupa kuratiert die fünfzehnte Ausgabe der documenta. Das Künstler*innenkollektiv aus Jakarta hat ihrer documenta fifteen die Werte und Ideen von lumbung (indonesischer Begriff für eine gemeinschaftlich genutzte Reisscheune) zugrunde gelegt. Als künstlerisches und ökonomisches Modell fußt lumbung auf Grundsätzen wie Kollektivität, gemeinschaftlichem Ressourcenaufbau und gerechter Verteilung und verwirklicht sich in allen Bereichen der Zusammenarbeit und Ausstellungskonzeption.
Am Donnerstag, 2. Juni, 2022 ab 19 Uhr startet die citizenship in Berlin. Im Juni und Juli 2022 reist das Dach des lumbung member ZK/U – Zentrum für Kunst und Urbanistik als citizenship von Berlin nach Kassel zur documenta fifteen. Angetrieben wird das zum Schiff umgebaute Dach durch die Unterstützung der Menschen entlang der Strecke – von kulturellem Austausch über Lebensmittelversorgung hin zu Unterkunft und Energieerzeugung.
Auf dem leben und arbeiten sie für sechs Wochen zusammen, wir waren einen Tag dabei. Sie navigieren das sechs Tonnen schwere Gefährt – ohne Diesel, aber dafür mit sehr viel Gemeinschaftssinn. Matthias Einhoff, Zentrum für Kunst und Urbanistik "Du brauchst halt acht Leute, eine Person alleine, ihr habt‘s gemerkt, schafft da gar nichts. Das ist viel zu anstrengend. Also, es geht nur gemeinschaftlich, im Kollektiv und man gibt vielleicht etwas ab, von dem, was man zu viel hat. Und was man hier auch mitbringen muss, ist Zeit. Und das ist das, was wir auch für uns wollten. Raus aus unserer urbanen bubble und rein in noch einmal eine andere Geschwindigkeit, rein auch in andere Geschichten und diese ganzen Geschichten aufsammeln und nach Kassel bringen." Gemeinschaftliches Teilen ist die Grundidee dieser 15. Documenta. Neben ökonomischen Ressourcen, vor allem Ideen, Innovationen und Wissen. Was die wechselnden Crews auf ihrer 650 Kilometer langen Route erleben, auf wen sie treffen und was daraus an Kunst entsteht, wird auf der Documenta in Kassel als Stream zu sehen sein. Für die Besatzung ist die "Citizenship" - ein schwimmendes künstlerisches Forschungsprojekt. Matthias Einhoff Zentrum für Kunst und Urbanistik "Wir haben ja zehn Jahre lang unter diesem Dach hier ja ein Kulturprogramm gemacht, mit Leuten, mit denen wir immer noch in enger Verbindung stehen und die haben wir gefragt, wollt ihr mitkommen? Wollt ihr ein Programm machen, für die Fahrt und im Austausch zu der Energie, die wir von der lokalen Bevölkerung bekommen, der Hilfe. Und ihr habt es heute morgen gesehen, unsere Pumpe war kaputt, wir haben keine Ahnung, wie wir die reparieren und da waren halt die drei Herren, die haben das gemacht." Die drei Herren sind vom Campingplatz gleich nebenan. Improvisationskünstler, wie die Crew. Ohne große finanzielle Ausstattung aufgebrochen, muss die Besatzung jeden Tag Lebensmittel und Unterkünfte bei den örtlichen Gemeinden, Vereinen und Unternehmen einwerben. Als Dank gibt’s ein Kulturevent vor Ort für die Einwohner, bevor es wieder weitergeht. Matthias Einhoff, Zentrum für Kunst und Urbanistik "Wenn die Documenta am 18. Juni eröffnet wird, stehen da nicht fertige Werke und alles ist sozusagen – der Parcours ist gesteckt, dann läufts du da so durch und in zwei Tagen hast du alles gesehen. Das wird dieses Jahr anders sein. Dieses Jahr haben wir einfach viele Künstlerinnen und Künstler, die auch wie wir, im Prozess arbeiten. Also irgendwas starten. Und in diesem Prozess verändert sich das Projekt auch mal, durch den Einfluss der Leute, die in diesen Prozess eingebunden werden." In den Austausch miteinander treten – das ist das Anliegen der Künstler vom Zentrum für Kunst und Urbanistik. In Kassel wird das schwimmende Dach ankern und ein Ort für Begegnungen und Debatten sein. Eine Art Behausung auch für die politischen Diskussionen, die die Dokumenta seit geraumer Zeit überschattet haben und die Vorfreude trübten. Matthias Einhoff, Zentrum für Kunst und Urbanistik "Das ist schade, denn das überlagert kommunikativ erstmal alles, so dass im Feuilleton kaum noch Platz für andere Dinge bleibt. Auf der anderen Seite scheint das einen Nerv getroffen zu haben, wo es einen Diskussionsbedarf gibt, offensichtlich." 20 Kilometer weiter und vier Stunden später, Ankunft im brandenburgischen Genthin. Auch hier, wie überall in dieser ersten Woche, das gleiche Interesse an dem ungewöhnlichen Vehicle und der Crew. Ein Besuch auf der Citizenship endet für manchen mit der mutmachenden Entdeckung – es gibt vielleicht doch noch andere Wege in unserer schnelllebigen Zeit, um aus den unterschiedlichen Krisen herauszukommen.
"Abenteuer eines Mathematikers"- der Spielfilm von Thorsten Klein lag wegen Corona zwei Jahre auf Eis, jetzt hat er eine traurige Aktualität bekommen.
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